Solar Spectrum 0.5 Å ASO (Advanced Solar Observer)
H-alpha-Filtersystem für die Sonnenbeobachtung
 


Auf dem Markt sind zur Zeit verschiedene H-alpha-Systeme für die Sonnenbeobachtung erhältlich. Das Prinzip der Filterung beruht bei den meisten Systemen auf Interferenz (Etalon). Die Anordnung und Konstruktion dieser Filter unterscheidet sich jedoch von Hersteller zu Hersteller. Jedes System hat dabei Vor- und Nachteile.

Im Falle des hier vorgestellten Solar Spectrum ASO Filtersystems kommen folgende Komponenten zum Einsatz.

 


Energieschutzfilter D-ERF 160mm (dielectric energy rejection filter)

Dieser Front-Filter ist für den sicheren Betrieb des Sonnenteleskops zwingend notwendig, um die enorme Wärmestrahlung der Sonne nicht in den Teleskop-Tubus gelangen zu lassen. Es handelt sich hierbei um einen hochvergüteten, planparallel geschliffenen Rot-Filter, welcher die Infrarot-Strahlung zum größten Teil sperrt.
 

1) 4-fach Telezentrik in T2-Komponenten montiert
2) Baader-M68-System (optional)
3) Zenitprisma T2
4) Solar Spectrum 0.5 Å advanced solar observer H-alpha Filter (beheizt)
5) optinaler 0.66x Reducer

Das H-alpha-System von Solar Spectrum unterscheidet sich von Filtersystemen anderer Hersteller (Coronado, Lunt usw.) unter anderem dadurch, dass der Etalon-Filter erst in der Nähe des Okulars und nicht bereits an der Frontöffnung platziert wird. Dies hat den Vorteil, dass der kostenintensive Filter wesentlich kleiner sein kann und zudem die Öffnung des Teleskops (und damit die Auflösung) quasi unbeschränkt ist.
Der Nachteil ist hierbei jedoch, dass der Strahlengang nahezu parallel sein muss, damit der H-alpha Filter überhaupt funktioniert.
Ein Öffnungsverhältnis von ca. f/30 hat sich als ausreichend "parallel" herausgestellt. Um den Strahlengang zu parallelisieren, bietet Baader-Planetarium sog. telezentrische Systeme an.
Der verwendete TEC 140 Refraktor hat ein Öffnungsverhältnis von f/7. Um den Strahlengang auf f/30 zu bringen, muss in diesem Fall eine 4-fach Telezentrik eingesetzt werden
(f/7 x 4 = f/28).
Alternativ könnte auch die Öffnung entsprechend abgeblendet werden. Dies würde aber bedeuten, das die 140mm-Öffnung des TEC auf ca. 33mm verkleinert werden müsste. Dies würde einen erheblichen Auflösungsverlust bedeuten.
Der Hauptvorteil beim Solar Spectrum-System ist ja gerade, dass die Öffnung und damit das Auflösungsvermögen nicht vom H-alpha-Filter abhängig ist.

Damit der H-alpha Filter seine volle Leistung entfalten kann, darf die optische Achse nicht verkippt sein. Bereits eine minimale Abweichung kann das Bild verschlechtern und die Erkennbarkeit von Oberflächendetails spürbar einschränken. Aus diesem Grund bietet Baader-Planetarium das M68-System optional an, um eine höhere Steifigkeit zu erreichen.

Die Telezentrik muss in einem ganz bestimmten Abstand vom Brennpunkt des Teleskops entfernt platziert werden. Dadurch wird die Baulänge hinter dem Okularauszug um ca. 270mm verlängert. Das originale T2-System der Telezentrik wird im Inneren des M68-Tubus montiert und erreicht so, durch den wesentlich größeren Querschnitt des M68-Systems, eine viel höhere Steifigkeit. Auch mit einem schweren Bino biegt sich nun nichts durch. Natürlich muss der Okularauszug entsprechend stabil gebaut sein.

 

Visuelle Nutzung mit Binokularansatz
Bei der Beobachtung von schwachen Strukturen bringt das zweiäugige Beobachten meiner Erfahrung nach einen erheblichen Vorteil. Mit dem optionalen Reducer (0.66x) kann mit 24mm Okularen nahezu die komplette Sonnenscheibe beobachtet werden.

 
Bei der visuellen Beobachtung ist es immer sinnvoll, das Tageslicht so gut wie möglich abzuschirmen. Ich habe mir hierfür eine Stoff-Hülle genäht, welche Streulicht nahezu vollständig abschirmt.
Vorteil: Der Kontrast und die Detailerkennbarkeit steigen enorm an.
Nachteil: Im Sommer wird es unter dem Tuch sehr warm und die Okulare beschlagen.
 
Visueller Eindruck im Okular bei ruhiger Luft und ca. 200-facher Vergrößerung
 

Adaptierte Videokamera Point Grey Grashopper

 
Fotografisches Ergebnis mit monochromer Videokamera
 
Steuergerät für die Temperaturregelung
Damit der Etalon-Filter immer im optimalen Bereich arbeiten kann, muss das Filterelement temperaturgeregelt sein. Jeder Filter hat eine werksseitig eingestellte optimale Temperatur (hier 38°C).
Die Temperatur kann jedoch nach oben oder unten angepasst werden, um den Filter in den roten oder blauen Flügel der H-alpha-Linie zu verschieben. Dies kann sinnvoll sein, um spezielle aufsteigende Protuberanzen noch besser sichtbar zu machen (Frequenzverschiebung durch Doppler-Effekt).
Zum Betrieb der Temperaturregelung ist allerdings 230 V Netzspannung notwendig.
 

Okularseitiger Blick auf den Etalon-Filter
 
Solar Spectrum H-alpha Filtermodul (elektrisch temperaturgeregelt - kühlen und heizen))
 
Aufbewahrungskoffer

 

Fazit:
Im direkten Vergleich mit meinem früher genutzten Coronado SM90-System, dessen freie Öffnung konstruktionsbedingt auf 90mm begrenzt war, bemerkt man eine deutliche Steigerung der Auflösung. Es kann nun die volle 140mm-Öffnung des TEC genutzt werden. Besonders auffällig ist die Auflösungssteigerung an den feinen Spikulen am Sonnenrand.
Die Oberflächendetails erscheinen zudem noch kontrastreicher, weil die Halbwertsbreite des Solar Spectrum Filters nur 0.5 Å beträgt (Coronado SM90: 0.7 Å).

Vorteile des Solar Spectrum 0.5 Å ASO:
- relativ hohe Vergrößerung von Details möglich
- freie Öffnung nahezu unbegrenzt, dadurch hohes Auflösungsvermögen
- stabile Filterung durch exakte Temperaturregelung
- Etalon-Filter ist robuster gegenüber mechanischen Schocks

Nachteile:
- 230V Netzanschluss notwendig für Heizungsregelung
- Telezentrik notwendig - dadurch hohe Systembrennweite (hier 3920 mm)
- langer Aufbau hinter dem Okularauszug - alles muss sehr stabil ausgeführt sein
- Sonne passt nicht komplett ins Gesichtsfeld

Tipps:
Es sind viele verschiedene Modelle von Solar Spectrum Filtern erhältlich.
Die Unterschiede bestehen im Wesentlichen aus:
- freiem Durchlass (19 mm - 46 mm)
- Halbwertsbreite (0.8 Å - 0.2 Å)
- Güte des Filters (Research Grade oder Standard)

Meiner Erfahrung nach ist eine Halbwertsbreite von 0.5 Å der ideale Kompromiss aus Bildhelligkeit und Kontrastleistung auf der Sonnenoberfläche. Geringere Halbwertsbreiten zeigen visuell ein noch kontrastreicheres Bild, jedoch zu Lasten der Bildhelligkeit und damit zu Lasten der Belichtungszeiten bei Videoaufnahmen. Den freien Durchlass würde ich bei der Nutzung eines Binokularansatzes möglichst groß wählen.
Ob der finanziell erhebliche Mehraufwand einen "Research Grade" Filter rechtfertigt, muss jeder selbst entscheiden. Ich habe bei meinem Standard-Grade Filter keine auffälligen Unregelmäßigkeiten bei der Abbildung bemerkt.

Vorsicht ist geboten bei der Auswahl des Zenitspiegels: In einem Versuch habe ich festgestellt, dass ein hochwertiger, dielektrischer Zenitspiegel nicht mit dem Sonnenfilter zusammen funktioniert. Protuberanzen konnten zwar noch erahnt werden, aber die Sonnenoberfläche verlor fast jegliche Struktur.
Die Verwendung eines Zentiprismas beeinträchtigte die Abbildungsleistung hingegen nicht.
Vermutlich liegt es an der dielektrischen Vergütung des Spiegels. Möglicherweise funktionieren einfachere Spiegel ohne aufwändige Vergütung besser.
Da man aber selten einen Vergleich hat, wie die Oberfläche mit dem eigenen Sonnenfilter nun aussehen kann, halte ich es für ratsam, auf alle Fälle ein Zenitprisma zu werwenden.


Technische Daten:
Hersteller: Solar Spectrum, Bezug z.B. über Baader Planetarium
Gerätebezeichnung: Solar Spectrum 0.5 Å Advanced Solar Observer
Freie Öffnung Etalon-Filter: 32 mm
Halbwertsbreite: 0.5 Å +/- 0.05 Å
Energieschutzfilter: 160 mm D-ERF von Baader-Planetarium
Telezentrik: 4-fach (auch 2-fach erhältich)
Reducer: 0.66x
Gesamtpreis (H-alpha-Filter, D-ERF, Telezentrik + Zubehör): ca. EUR 8700,-